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Dienstag, 18. April 2017

Vom richtigen Zeitpunkt - Indian Classical vs Rajasthani SUFI & FOLK'n'ROLL, 14 April 2017, NUU Galerie

Zu indischer Musik ist mir bis jetzt immer nur George Harrison eingefallen, und dass ich seine Faszination ehrlich gesagt nie ganz verstanden habe. Vielleicht war einfach der richtiger Zeitpunkt und die richtige Gelegenheit notwendig, damit ich bereit war, mich darauf einzulassen. Oder war es Zufall, dass ich  Haider und Pintoo Khan das erste Mal bei der Pressekonferenz für das bevorstehende Szene World Opening gesehen habe?  Was sie da mit Tabla und Kartals in wenigen Minuten vorgeführt haben, hat mich jedenfalls schon sehr fasziniert.

Worldmusicsession im Kulturraum Neruda
Auch bei der Worldmusicsession im Neruda letzten Donnerstag war Haider Khan dabei, und hat auch Imran Khan an der Sitar mitgebracht, der gerade durch Europa tourt. Die beiden fügen sich ganz selbstverständlich in das Musikspektrum ein und erweitern es. Wie die Musiktraditionen unterschiedlicher Länder, ja sogar unterschiedlicher Kontinente bei diesen Sessions harmonieren, das muss man einmal erlebt haben. Die Session dauert oft über eine Stunde ohne Unterbrechung, die Musiker wechseln dabei Plätze und Instrumente, während andere übernehmen, eine Melodie, ein Rhythmus geht in den nächsten über.
Da entschließe ich mich, am nächsten Abend ein ganzes Konzert mit indischer Musik zu besuchen.  Der Auftritt findet in der Galerie Nuu statt, die Kontakte zu den indischen Musikern bestehen offenbar schon lange, die meisten kennen sich, und es herrscht eine sehr herzliche Atmosphäre. Familien in bunter indischer Kleidung sind hier mit ihren Kindern, und viele Liebhaber indischer Musik. Das erkenne ich spätestens dann, als im zweiten Teil ein Großteil des Publikums mitsingt.
Die erste Hälfte ist der klassischen indischen Musik gewidmet, gespielt von Imran Kann an der Sitar und Haider Khan an der Tabla, beide offensichtlich Meister auf ihren Instrumenten. Imran Khan erklärt zuerst ein bisschen etwas zur Musik, zum Beispiel, dass die Ragas für für bestimmt Tageszeiten oder Situationen gedacht sind, so dass ein Abend Raga eben nur am Abend aufgeführt werden sollte. Da hätten wir wieder den richtigen Zeitpunkt. Manche halten sich daran, andere nicht. Komposition im westeuropäischen Sinn kann man zu den Ragas fast nicht sagen, es sind vielmehr Festlegungen von Tönen, die vorkommen dürfen, und Vorschriften, wie sie verwendet werden. Überhaupt steckt hinter der indischen Musik viel mehr, als ich geahnt habe, eine ganze Philosophie, ein Weltbild und viel Mathematik.

Das habe ich aber erst nachgelesen und man muss es nicht wissen, wenn man dieser Musik zuhört. Was bald klar wird, diese Musik nimmt sich Zeit, und du musst dir auch Zeit dafür nehmen, dann bemerkst du den langsamen Aufbau, die zunehmende Verdichtung des Rhythmus, bis dann die Tabla einsetzt und den letzten Teil einleitet. Die beiden Musiker sitzen nebeneinander am Boden und beobachten sich genau, reagieren aufeinander und nicken anerkennend, wenn eine Phrase besonders gut gelungen ist, so wirkt es zumindest auf mich.

Nach einer Pause, in der es indische Mahlzeiten gibt - wenn ich das gewusst hätte hätte ich mit dem Abendessen gewartet! - beginnt der zweite Teil des Abends, in dem "Sufi und Rajasthani Folk" gespielt wird. Endlich hat auch Pintoo Khan seinen großen Auftritt an den Kartals, Holzblättern, denen er unglaubliche Rhythmen entlockt. Haider Khan wechselt dafür zeitweise an das Harmonium. Auch zu diesen Liedern  gibt es ein paar Erläuterungen, das Publikum singt mit oder wiegt sich zu der Musik. Als Zugabe sozusagen gibt es dann noch eine Session, mit einem Klavierspieler und einer Didgeridoo-Spielerin. Vielleicht was fürs nächste Mal.....