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Freitag, 8. Mai 2020

"In Wahrheit spielen wir für uns gegenseitig." - Douglas Linton im Portrait

Douglas Linton & The Plan Bs 2019
Wenn Douglas Linton am Telefon Geschichten aus seinem Leben erzählt, dann fließt der Colorado River durch mein Homeoffice, in der Ferne höre ich das einsame Pfeifen der Dampflok und vor meinen Augen entsteht die Topographie eines mystischen Amerikas, die sich aus den Nachmittagsfilmen meiner Kindheit, unzähligen Liedtexten und einer Menge Musiker Biographien und Rolling Stone Artikel zusammensetzt. Genauso lebendig, bunt und voller schillernder Details wie seine Stories ist sein Debütalbum “Gloryland”, das Ende Mai erscheint.


“Meine Eltern studierten Biologie an der Lamar University in Beaumont, Texas, und freundeten sich mit einem Professor für englische Literatur an, Francis Edward “Ab” Abernethy. Mit ihm gingen sie auf Forschungsreisen, um Höhlenmalereien amerikanischer Ureinwohner zu entdecken, oder nach Mexico und was weiß ich wohin. Dabei saßen sie oft zusammen und sangen Folk- und Cowboysongs. Mein Vater kennt Unmengen davon und singt sie gern, nicht öffentlich, nur für sich selbst. Ich habe auch schon immer gerne gesungen, ich habe ein wirklich gutes Gedächtnis für Texte und merke mir eine Menge Lieder. Jahre später wurde Abernethy der Leiter der Texas Folklore Society, die von John Lomax, dem Vater des bekannten Musikforschers Alan Lomax, gegründet worden war. Mein Vater hörte zufällig vom jährlichen Hootenanny dieser Gesellschaft an der Stephen F. Austin University in Nacogdoches, Texas und wollte seinen alten Freund “Ab” überraschen. Wir fuhren also gemeinsam von der Farm meiner Großeltern zur Uni, wo ich aufstand und “Sitting on Top of the World” in der Version von Doc Watson sang - aber ohne dessen Gitarrenkünste. So kam ich zu meinem ersten Liveauftritt, da war ich gerade 17 Jahre alt.”

Austin, Texas ist einer dieser mystischer Orte, schließlich stammen Musiker*innen wie Janis Joplin, Stevie Ray Vaughan, Willie Nelson, Doug Sahm von dort. Doch Douglas Linton zögert, als ich ihn nach dieser Stadt fragen will, die in den Kurzinfos über ihn als seine Herkunft genannt wird.

“In gewissem Sinn bin ich mehr oder weniger aus Texas, meine Großeltern stammen von dort und in Austin habe ich länger als woanders gelebt. Aber geboren wurde ich eigentlich  an der Küste von Georgia auf einer Forschungsstation, wo mein Vater damals arbeitete. Später zogen wir nach North Carolina, dann für einige Jahre nach Melbourne, Australien. In Clear Lake, TX,, ging ich zur Highschool, an der University of Texas in Austin studierte ich. In New York bekam ich einen Job als Korrekturleser bei einer Juristenzeitschrift und kam danach mit einem Freund nach Europa, wo ich in Barcelona meine spätere Frau, eine Wienerin, traf. Wir lebten gemeinsam fünf Jahre in Austin, bevor wir 1998 nach Wien zogen. Ich habe eigentlich keinen speziellen Platz, den ich meine Heimat nennen könnte, aber wenn, dann wäre es wohl Wien.”

Douglas Linton 2017
John Lomax, der Gründer der Texas Folklore Society, deren Ziel es war, überlieferte Folklore des Landes zu sammeln und der Forschung zugänglich zu machen, hatte eine Zeit lang an  der University of Texas gearbeitet. Der junge Douglas Linton wusste davon und war fasziniert von der Möglichkeit, hier Aufnahmen der Musiker*Innen zu entdecken, die der Feldforscher auf seinen Reisen festgehalten hatte. 

“Mein Bruder studierte vor mir an der University of Texas, und ich brachte ihn dazu, mir alte Aufnahmen von Lightnin´ Hopkins, Lil’ Son Jackson und Woody Guthrie aus der Bibliothek zu besorgen. Das gefiel mir und ich dachte: “Moment, die müssen doch noch irgendwo mehr davon haben!” Ich stieß auf das Briscoe Center, das sich auf der anderen Seite des Campus befand, gleich neben dem Highway. Ich ging dem Koordinator der Sammlung, John Wheat, so lange auf die Nerven, bis er mich in das Archiv mit den Acetaten ließ. Die durfte man nicht abspielen, aber er hatte Tonbandkopien davon gemacht und schleppte aus dem Hinterzimmer jene davon an, von denen er glaubte, dass sie mich interessieren könnten. Da saß ich also an seinem Schreibtisch vor dem Tonbandgerät und hörte mir diese alten Aufnahmen an, mit Kopfhörern, von denen nur eine Seite funktionierte. Ich war im Himmel! Sie hatten eine Unzahl an  Sammlungen, ich kann mich zum Beispiel erinnern, dass ich dort das erste Mal Mance Lipscomb gehört habe. Mr. Wheat erzählte mir auch von dem Barrelhouse-Pianospieler Roosevelt “Grey Ghost” Williams, der schon über achtzig war, aber gerade wieder zu spielen begonnen hatte, einmal in der Woche am Nachmittag im Continental Club. Ich ging also rüber, um ihn zu sehen. Es war noch hell und der Club war ziemlich leer.  Seine Finger glitten wie Spinnen über die Klaviertasten. Diese privaten Forschungen betrieb ich ungefähr ein Jahr lang, bis ich drauf kam, dass bessere Noten meinem Studium doch nicht schaden würden...”
Douglas Linton & The Plan Bs 2017
Nach seinem ersten Live Auftritt mit Siebzehn griff Douglas auch weiterhin immer wieder zur Gitarre, aber noch ohne echten Plan.

“In New York spielte ich ein paar Gigs, manchmal stellten ein paar Leute was auf die Beine, aber das war eher zufällig. Eigene Songs schreibe ich erst  seit ungefähr zehn Jahren. Ein Freund, den ich in Wien kennengelernt hatte, komponierte selbst. Die Grundideen und der Rahmen der Songs fielen ihm sehr schnell ein, wir versuchten es also gemeinsam und der Ansatz machte Sinn für mich. Von diesem Moment an hatte ich einen Weg gefunden, wie ich eigene Songs schreiben konnte, und als ich das einmal begriffen hatte, hatte ich einen Grund, auftreten zu wollen. Du kannst natürlich die Erfahrungen anderer Songwriter  auf der Bühne heraufbeschwören, aber wenn du selbst schreiben kannst, ist es ganz etwas anderes. Du kannst deine eigenen Gefühle ausdrücken, du kannst dir tolle Momente auf der Bühne verschaffen, indem du Zeilen schreibst, die du gerne singst. Das war der Zeitpunkt, als ich ernsthaft begann live aufzutreten.”

Eine wesentliche Rolle in seiner Laufbahn spielte die Musikszene, die er in Wien vorfand - ein überraschendes Kompliment aus dem Mund von jemand, der zumindest mehr oder weniger aus einer Stadt kommt, die sich selbst als “Live Music Capital of the World” bezeichnet.

“Eines Tages schlenderte ich den Gürtel entlang und entdeckte vor dem Cafe Concerto ein Plakat, das eine “Townes Van Zandt Tribute Night” ankündigte, das haute mich um: “What? In meiner Nachbarschaft?” Ich musste einfach hineingehen und mit eigenen Augen sehen, was da vor sich ging. Der Organisator war Othmar Loschy, er ließ mich mitmachen und ich spielte ein paar Melodien von Townes und ein oder zwei meiner eigenen. Das war vor 10 Jahren, ein denkwürdiger Tag, auch weil sich an diesem Abend die Geigerin Claudia Fenzl und der Sänger Dominik Plangger zum ersten Mal trafen.” (Die beiden sind aus der Folkszene nicht wegzudenken und heute miteinander verheiratet).
Douglas Linton, Dominik Plangger, Claudia Fenzl, Anja Klipić, Ina Eckhard 2017
“Ich hatte keine Ahnung, dass so eine Community existierte, es war ein echtes Vergnügen. Claudia erzählte mir vom Freihaus in der Schleifmühlgasse, dort spielte ich kurze Zeit später  “Sunday Morning Coming Down” von Kris Kristofferson, und alle im Publikum sangen mit, jedes Wort, und ich jubelte: “Mein Gott, das sind meine Leute!”  Vor vielen Jahren hatte ich die Single mit der Version von Johnny Cash bei einer Minor Baseball Woche bekommen, da teilten sie Singles aus, um Zuschauer anzulocken. Ich liebte den Song, aber keine Menschenseele aus meinem Bekanntenkreis in Austin kannte ihn, und im Freihaus wußten sie den Text auswendig! Max Mayerhofer (Wanjo Banjo)  und Robert Tauber (Lost Compadres)  waren im Publikum, mit Bob komme ich heute noch zusammen und wir singen Kris Kristofferson Songs.”

Erst nach einigen Jahren Pause von der Musik sollte Douglas Linton wieder Gelegenheit für weitere Auftritte haben. Bei diesen Auftritten benutzte der Sänger schon theatralische Elemente, die heute ein unverkennbares Markenzeichen der Band sind. Auch seine Vorliebe für zwiespältige Charaktere war schon zu erkennen.

“Roland Schütz, der eine Galerie in Ottakring besaß, lud mich zum Grundsteingassenfest ein, ich führte dort auf der Straße eine Art Mini Rockoper auf, sehr cool. Im Prinzip waren es vier miteinander verbundene Lieder mit einem dystopischen Thema, es herrscht Unterdrückung, und die Liebenden kämpfen dagegen an, ein bisschen angelehnt an “1984”.  Das Thema des Festes war “Forbidden Zone”, das gab meiner Rockoper auch gleich ihren Namen. Die Stücke hatten alle Humor und in jedem verkörperte ich einen bestimmten Charakter. Aus einem dieser Songs wurde “The Ballad of Whitey Bulger”, den wir heute noch spielen.”

Danach führte eines zum anderen, und am Ende waren “Douglas Linton & the Plan Bs” wie wir sie heute kennen gegründet.
Alex Gantz 2019
“Den Gitarristen Alex Gantz traf ich das erste Mal auf einem Gram Parsons Tribute, das er organisiert hatte. Ich spielte zwei Songs, wir kamen ins Gespräch und ich dachte mir, es wäre nett, etwas zusammen auf die Beine zu stellen. Alex hatte offenbar denselben Gedanken, denn er rief mich bald darauf mit demselben Vorschlag an. Wir spielten unser erstes Konzert im “Little Stage”. Ich fand Marton Juhasz, einen großartigen Jazzdrummer, den Bassisten Wolfgang Kreuzer und Anja Klipić für die Harmony Vocals. Ich beschwor Alex: “Wir müssen unbedingt einen Hammondorgelspieler finden!” Ich wusste ja gar nicht, ob so jemand in Wien überhaupt existiert! So stießen wir auf Matthias Ihrybauer, einen wundervollen Musiker, Performer, und netten Kerl. Das waren die ersten Plan Bs.”
“Der Drummer und der Bassist gingen uns im Lauf der Zeit verloren,  dafür stiegen Heli Schiefer und Roman Kovacs ein, beide hervorragende Musiker und echte Menschen im wahrsten Sinn des Wortes. Im Sommer 2017 hatte Anja kurzfristig keine Zeit für Auftritte, daher brauchten wir einen Ersatz. Roman hatte zufällig von Ina Eckhard gehört, sie lernte unser Repertoire in kürzester Zeit, war sehr professionell, eine große Sängerin und strahlte positive Energie aus. Als Anja zurückkam, realisierten wir, dass sich die beiden wunderbar ergänzten. Wir probierten einen Song, die beiden sangen zusammen, und es war als ob sich der Himmel öffnet. Der Harmoniegesang wurde ein wesentlicher Teil dessen, was wir sind. Er dient wirklich der Musik auf eine sehr pure, unverfälschte Art. Es ergibt sich eine andere Dynamik, eine zusätzliche Dimension, wenn man eine gemischte Gruppe hat, nicht nur Männer. Ich liebe es, sie neben mir auf der Bühne zu haben, sie anzuschauen. Das gilt für die ganze Band, in Wahrheit spielen wir für uns gegenseitig!”
Helmut Schiefer 2019
Bei ihren Konzerten spielt die Band zwar einige Coverversionen, der Großteil des Repertoires besteht aber aus Originalen.

“Es gibt eine Menge Singer/Songwriter, die schreiben wirklich interessante Texte, aber die Musik ist manchmal etwas sekundär. Auf der anderen Seite gibt es überall Songs mit großartigen Rhythmen und Melodien, aber die Lyrics wirken doch ein bißchen peinlich, haben keine Substanz. Was ich wollte, war das beste aus beiden Welten! Ich meine, warum sollten wir nicht diese einzigartigen Rhythmen der amerikanischen Musik nehmen und gute Worte dazu schreiben! Alex, der eine Unzahl verschiedener Stile und Techniken auf der Gitarre beherrscht, denkt mehr musikologisch, dieser Musikstil entstand in New Orleans, jener in Memphis, lass uns das zusammenbringen! Aus verschiedenen Impulsen heraus kamen wir zu selben Idee.”
“Mein Ansatz ist eher simpel, manchmal ist es umso besser, je einfacher es ist. Du hast vielleicht nur einen Akkord, aber du musst die Sachen drumherum ändern, das ist die Herausforderung. Alex mag komplexere Sachen, aber wir bekommen das gut zusammen. Die Texte sind alle von mir, aber oft ist etwas Wesentliches dabei, was von ihm kommt. Die erste Idee definiert den Charakter eines Songs. “Insomnia” oder “Drinks on Black Friday” stammen musikalisch von Alex, aber ich muss manchmal etwas ändern, um die Worte unterzubringen, oder den Chorus, und die Band fügt auch etwas dazu. Letztendlich ist es ein Gruppenprojekt.”
Roman Kovacs
Nach vielen erfolgreichen Konzerten erscheint die Aufnahme eines Albums der nächste logische Schritt, aber bis zur Geburt von “Gloryland” dauerte es doch noch über zwei Jahre.
Douglas, ganz der Historiker, weiß sogar das genaue Datum der ersten Session.
“Unsere ersten Aufnahmen als Douglas Linton & The Plan Bs fanden am 26. Februar 2017 in der Sargfabrik statt, Christoph Mateka war am Soundpult. Eigentlich wollten wir nur ein oder zwei Stücke für ein Video aufnehmen. Das gefiel uns und wir wiederholten es ein paar Mal. Ich glaube es war Ende 2018, als wir beschlossen, den Sack zuzumachen und ein ganzes Album daraus zu machen. In einer gewaltigen Halbmarathonsession im April 2019 nahmen wir fast alle noch fehlenden Songs auf. “See You on the Way” war der Abschluss dieser Session, das mussten wir ein paar Mal spielen. Ich war komplett erschöpft danach, meine Finger bewegten sich nicht mehr, sie waren in der Form eines A-Dur Akkords verkrampft, ich konnte die Gitarre gar nicht mehr loslassen!”
Ina Eckhard, Helmut Schiefer, Roman Kovacs, Matthias Ihrybauer 2019
Den allerletzten noch fehlenden Track “Gloryland” nahm Douglas Linton mit den Honey Bs im Happy Road Studio von Robin Gillard auf.
“Alex und Robin gaben den Aufnahmen den letzten Schliff und fügten Overdubs hinzu. Alex ist ein begabter Arrangeur, ein großartiger Partner. Wir  hatten auch das Glück, dass die einzigartige Claudia Fenzl an der Violine mitmachte.”

Der erste Track des Albums und gleichzeitig der Titelsong “Gloryland” ist eine A-Capella Version eines Traditionals. Im Hintergrund zirpen die Grillen, und die Aufnahme wirkt wie eine jener Field-Recordings, denen der junge Douglas Linton damals mit klopfendem Herzen lauschte.

“Das Album soll dir das Gefühl vermitteln, auf einer Entdeckungsreise zu sein. Jeder Song hat einen anderen Stil, du lernst verschiedene Orte kennen, hier vielleicht ein Lied aus den Appalachen, dort ein Street Blues, etwas mit kubanischen Einflüssen - eine Reise durch das musikalische Territorium Amerikas.”

Trotz der stilistischen Vielfalt verbindet die Stücke nicht nur der unverkennbar warme Sound der Plan Bs, sondern auch Themen wie Religion, Spiritualität, Liebe, Verlust und Verderben, die aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden.

“Worüber will ich schreiben? Was fühlt sich echt für mich an, was fühlt sich wichtig an? Die Lieder erzählen etwas aus deinem Leben. Manchmal ist es ein Moment der Erkenntnis, die eine Person plötzlich hat - wie in “Guess I Got it Wrong”. Wenn einem plötzlich ein Licht aufgeht, und wie sich das anfühlt - es macht eine Freude, das zu singen. Die Texte strahlen eine Spiritualität aus, würde ich sagen, und eine Menschlichkeit, was ja in gewissem Sinn dasselbe ist. Es ist eine besondere Art, die Verbindung zwischen Menschen zu betrachten, was es heißt, ein Mensch zu sein.”
Douglas Linton, Roman Kovacs
“Nimm zum Beispiel “Gloryland”, ein wunderschönes Lied, Ralph Stanley singt es, aber ich änderte die zweite Strophe. Ich wollte nicht, dass um den Tod geht, ich wollte, dass es um das “Jetzt” geht. William Blake war eine Inspiration, er war wahnsinnig intensiv, kein Narr, sondern seiner Kunst verpflichtet. Seine Gedichte besitzen Spiritualität, aber eine sehr menschliche, unmittelbare. Es geht nicht um das Später, um das Jenseits! Die Verbindungen, die wir machen sollen, müssen wir jetzt machen, mit dem, was um uns ist. Die Menschen, die wir um uns herum haben, sind ein Wunder. Dass wir überhaupt existieren, ist ein Wunder! In diesem Sinn geht es um Spiritualität, um Liebe.”

“For Love or Money” beschäftigt sich auf humorvolle Weise mit den sonderbaren Versuchen der Menschen, ins Paradies zu gelangen, und jenen, die das ausnutzen. Der Komponist  bietet dazu ein ganzes Arsenal an biblischen und historischen Figuren auf - den heiligen Antonius, Adam und Eva, Martin Luther und Papst Leo X.
Matthias Ihrybauer 2019
“Martin Luther nagelte seine Thesen an die hölzerne Kirchentür, stellte komplizierte Thesen auf, mit sehr ernsthaften theologischen Argumenten gegen Papst Leo und den Ablasshandel. Ich habe das ganz einfach mit “So kannst du nicht weitermachen!” auf den Punkt gebracht. Oft kann man sehr komplizierte Auseinandersetzungen einfach zusammenfassen!”
Aber vielleicht ist doch der anonyme Tänzer der letzten Strophe als Einziger erfolgreich, der sich einfach ins Paradies tanzen will?

Zu “Since You´ve Been Gone” veröffentlichten Douglas Linton & the Plan Bs vor kurzem ein Video.
“Wir wollten eigentlich gemeinsam einen Clip drehen, aber der Lockdown kam dazwischen, und wir beschlossen, es einfach trotzdem zu machen, aber getrennt! Wir filmten uns separat mit dem Handy, und Christian Ihrybauer schnitt die richtigen Passagen zusammen. Eine Menge Arbeit, aber gut gelungen, es schaut nicht nach Handy aus und hat die richtige Energie. Es passt sogar zum Thema des Liedes. Aber obwohl es darin um einen Kerl mit gebrochenem Herzen geht, hat es doch lustige Momente. Ich liebe es, etwas Humor dazuzumischen, um die Perspektive etwas zurechtzurücken.”

In “Drinks on Black Monday” erzählt ein Börsenmakler seine Sicht auf den Stock Market Crash 1987. “Ich war in New York, als ich bei diesem juristischen Magazin arbeitete. Es gab auch Jahre später noch Gerichtsverfahren deswegen. Ich war im Presseraum, als Michael Milken, der Junk Bond King, verurteilt wurde. Wir hatten Whiskey dabei und prosteten uns zu!”
The HoneyBs Anja Klipić, Ina Eckhard 2017
Manchmal liegt die Inspiration aber auch wesentlich näher.
“Da war dieses Paar vor meinem Fenster in Wien-Ottakring, das sich mitten in der Nacht anschrie. Es war wirklich spät und sie brüllten aus Leibeskräften. Ich wusste zwar nicht, was da vor sich ging, aber sie waren sehr emotional. Daraus wurde das Paar aus “Insomnia”: “Couple fighting in the alley, I think they're high on crystal-meth”. Ich mag dieses Viertel, den Brunnenmarkt, den Geruch der Mannerfabrik und der Brauerei, ein charmantes Fleckchen Erde.”

Am Brunnenmarkt wurde auch das Video zu “Train to Jordan” gefilmt, für mich der schönste, berührendste Track des Albums.
“Das war ein Spaß, wir drehten das Video ganz in der Früh, Guerilla-Syle. Wir tauchten am Brunnenmarkt auf, filmten, und nach ein paar Versuchen war es fertig. Alles in einer Kameraeinstellung, ohne Schnitt. Wir hatten die Idee, die Band an einer Stelle erscheinen zu lassen und sie dann - während nur Anja und ich beim Weitergehen zu sehen sind - an einem anderen Ort wieder einzufangen. Den Platzwechsel musste die Band blitzschnell durchführen, ohne ohne von der Kamera erfasst zu werden. Man sieht, dass Anja kurz lachen muss, als Leo Ihrybauer (Regisseur des Videos) schreit: “Lauft, lauft, lauft!”. Aber es funktionierte alles perfekt, am Schluss erwischte er noch diese Taube, die gerade über die Straße ging, das war dann noch das Tüpfelchen auf dem I.”
“Es ist ein Song, der Hoffnung machen soll. Sowas kann leicht als falsch rüberkommen, aber ich wollte ihm Wahrheit geben. Beim Komponieren dachte ich an eine bestimmte Person, eine gute Person, die niedergeschlagen und am Leben verzweifelt war. Sie hatte das nicht verdient! Viele  warmherzige, talentierte, großzügige Menschen sind deprimiert, hoffnungslos - sie verdienen das nicht, da sollte es eine Art Vehikel für Erlösung geben, jemand, der das anerkennt, damit man Frieden mit sich selber und mit den anderen machen kann. Das ist radikal, revolutionär: People join the Revolution! Schiebt das auf die Seite, was uns trennt! Es gibt immer Leute, die versuchen, Leute dazu zu bringen sich zu hassen, um selbst davon zu profitieren. Es ist ein radikaler Akt, das zu ignorieren und etwas Verbindendes zu finden!”
Douglas Linton & The Plan Bs feat. Erik Trauner 2019
Trotz des Lockdowns wird  das Album wie geplant veröffentlicht werden, das Releasekonzert in der Sargfabrik musste jedoch verschoben werden und soll jetzt am 30. Oktober stattfinden.  Eines ist sicher, die Band wird sich auch für dieses Konzert etwas Besonderes einfallen lassen. Was Douglas Linton & The  Plan Bs  nämlich so liebenswert macht, sind nicht zuletzt die vielen zusätzlichen Details, von der Gestaltung der Konzertankündigungen und Posters über das Bühnenoutfit bis zum “Merchandise”.

“Bei den Weihnachtsshows zum Beispiel verkaufen wir immer Memorabilia, die meistens niemand kauft, zum Beispiel eine Douglas Linton Barbecue-Sauce, oder eine Uhr, auf der steht “Doin´ Time with Douglas & The Plan Bs.” Davon gab es sogar eine golden Ausgabe, die Elvis-Cadillac-Edition.  Die Idee dahinter ist, den Shows eine zusätzliche Dimension zu geben. Agnes Gantz, die Frau von Alex, ist für unser Design verantwortlich, wir haben wirklich Glück, dass wir sie dafür haben. Sie gestaltete auch das neue Album. Wir sprachen vorher nur sehr vage darüber, und dann kam sie mit diesem wunderbaren Booklet daher! Wenn ich es hätte machen müssen, hätte ich es genauso gemacht, keine Ahnung, wie sie das anstellt, es ist Magie!”

Auch die Shows selbst sind üppig mit theatralischen Elementen ausgestattet, inspiriert von amerikanischen Medicine- und Revival Shows - und von Elvis: Einmal verkündet ein überdimensionaler Gong die Ankunft des Sängers, einmal zieht er mit einem Elvisumhang und Voodoo Stab ein.
The Great Gong - 2017
“Den Voodoo-Stick verwendete ich das erste Mal bei der Mardi Gras Feier im “Little Stage”. Ich wusste, ich würde etwas Dramatisches brauchen! Also bastelte ich diesen Stab aus einem Besenstiel. Die Spitze stammt von einem Fenstergitter aus einem dieser viktorianischen Häuser in Melbourne, wo ich in meiner Kindheit gewohnt habe. Ich habe es dreißig Jahre später gefunden! Dann sind noch Bierkapseln drauf, die das “Little Stage” für mich gesammelt hat. Der Stab hat noch ein paar andere dekorative Elemente, aber das war der Ursprung, und jetzt ist er unser mystisches Symbol.”
“Ich bin stolz auf diese Einfälle, und warum auch nicht? Ich liebe es, mich um diese Details zu kümmern!  Du kannst das Publikum damit zu Orten mitnehmen, mit denen es nie gerechnet hätte, was für eine Freude! Ich meine, wenn du schon alle diese Leute da hast, warum ihnen nicht mehr bieten, als nur deine Songs zu spielen?”

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