Sonntag, 16. August 2020

Der Wiener Oud-Spieler - Orwa Saleh Teil 2

 

Orwa Saleh erinnert sich noch gut an seine erste Begegnung mit Basma Jabr.   

“So wie ich selbst ein paar Jahre davor suchte sie Musiker*innen, mit denen sie hier arbeiten konnte, und sie rief mich an. Wir kannten uns nicht persönlich, hatten aber viele gemeinsame Freunde. Ich war gerade auf dem Weg nach Wien, weil ich von dort mit Christoph Cech zu Konzerten in den Iran fliegen sollte. Ich sagte ihr: “Okay, wir können uns unter einer Bedingung treffen: Ich komme etwas früher nach Wien und esse bei dir. Ich vermisse nämlich gutes syrisches Essen…” Sie fragte nur: “Was willst du essen?” Ich weiß nicht mehr, was sie kochte, aber es war etwas sehr Schwieriges, so schwierig wie Gulasch. Ich traf dann ihre Familie und wir sprachen miteinander. Als ich aus dem Iran zurückkam lud ich Basma ein, mit uns in Innsbruck und Waidhofen/Thaya zu singen. Das war 2015, und 2016 zog ich schließlich nach Wien.”

Samstag, 8. August 2020

Der Wiener Oud-Spieler - Orwa Saleh Teil 1



“Macht das einen Sinn, was ich erzähle?” 

Stille.

Der Oud-Virtuose Orwa Saleh hat mir gerade erzählt, wie er 2012 mit seinem Sohn an der Hand durch das riesige Panoramafenster des Flughafens von Damaskus nach draußen blickte, während seine Frau erschöpft auf dem Sessel daneben saß. Am Horizont stiegen aus der Richtung seiner 30 km entfernten Heimatstadt Rauchsäulen auf, vor dem Gebäude warteten Flugzeuge auf die Flugerlaubnis. Auch das Flugzeug, das den Musiker mit seiner kleinen Familie über Aleppo nach Athen bringen sollte, hätte zu Mittag abheben sollen, doch der Flug war wieder und wieder verschoben worden, weil nicht klar war, ob Passagierflugzeuge noch in Europa landen durften. Es war der letzte mögliche Flug nach Europa, die EU hatte ihre Sanktionen gegen das Regime des Präsidenten Baschar al-Assad verschärft und alle anderen Fluglinien hatten schon ihre Flüge gestrichen.
  
“Ich erinnere mich, ich hatte meinen Sohn Jude bei mir, und ein Gedanke ließ mich nicht los: “Wird es das letzte Mal sein? Wird das das letzte Bild meiner Heimat in meinem Kopf bleiben?” Diese Furcht trug ich immer mit mir.  Als ich das Stück “Raheel” schrieb, weinte ich. Es war die erste Melodie, die ich in Österreich komponierte, noch vor “Refugee”. Als mein Freund Basel Rajoub kam, um es mit mir aufzunehmen, erzählte ich ihm von diesem Bild und erklärte ihm: “Das ist es, was ich fühle.” So spielte er am Saxophon das Intro zu “Raheel”, und so nahmen wir das Stück 2014 für die CD mit meinem Projekt “Ruh” auf”.