Samstag, 17. Dezember 2016

Sehnsüchtige Fieberträume von einer besseren Welt - Tini Trampler & das dreckige Orchestra, Schutzhaus Zukunft,15.12.2016

Mitten in den schlafenden Kleingärten, liegt das Schutzhaus Zukunft. Heute ist es Ausgangspunkt für eine Reise in ein fremdes Land, ein wildes und freies Niemandsland, zu der uns Tini Trampler mitnimmt. Staunend sehen wir Brücken, die sich einfach quer stellen, weil sie nicht mehr überfahren werden wollen. Wir gehen über lachenden Sand. Hier können Gedanken Wände niederreißen und die Welt stellt in der Nacht Fragen. Im dezentralen Kaffehaus wird rebelliert, der Schrei nach Freiheit hallt durch die Straßen und das Miteinander Leben ist sowieso das Schönste was es gibt. 


Tini Trampler hat dieses Land mit ihren Komplizen, dem dreckigen Orchestra erschaffen, und sie ist der Mittelpunkt der Show. Mit unbändiger Energie wirbelt sie über die Bühne und singt, als könnte sie alleine durch ihren Gesang dieses Land lebendig machen, gleich hier auf der Stelle.  

Das siebenköpfige Orchestra unterstützt sie dabei nach Kräften. Es begann als Kombo, gegründet aus Liebe zur mexikanischen Musik, und wurde zeitweise mit den Playbackdolls parallell geführt, wobei sich die beiden Konzepte gegenseitig befruchteten, aber doch ihre jeweils eigene musikalische Identität haben, sogar wenn die Musiker teilweise ident sind.

Walzer und Flamenco, Berlin der 20er Jahre, Chanson, Kuba, Mexiko - man kann viele Zeiten und Länder in der Musik des 7 köpfigen Orchestras hören. Oft sind verschiedene Rhythmen ineinander verwoben. Stephan Sperlich und sein Theremin habe ich mittlerweile schon ein paar Mal in Aktion gesehen, aber es ist noch immer ein außergewöhnlicher Anblick, wenn er mit einer Bewegung seiner Hand dem Instrument außerirdische Töne entlockt und ihm dabei die Haare zu Berge stehen. Irgendwann einmal muss ich nachgoogeln, wie dieses Instrument funktioniert.

Die Texte entwerfen poetische Sprachbilder, die mit ungezähmter Fantasie gemalt wurden, sehnsüchtige Fieberträume von einer besseren Welt. Oft skurril und absurd, immer leidenschaftlich und manchmal ganz direkt:
"Miteinander leben...leben lassen wie ein Kind...miteinander leben ist das Schönste was es gibt...miteinander leben...das bedeutet Freiheit...egal woher Du bist."

Spätestens nach der Pause ist mit dem Sitzen an den Wirtshaustischen Schluss und es wird los getanzt. Nach dem Zugabenblock lassen wir die Gruppe noch immer nicht gehen, und das dreckige Orchestra spielt noch einmal "Delphine", die zentrale (und titelgebende) Nummer der neuen CD. Unserem Ticket ins Niemandsland.