Sonntag, 9. Oktober 2016

"Do you get the message?" - 1/2 Global Beatz Festival Szene Wien, 7.10.2016



In der Szene Wien war ich das letzte Mal vor 30 Jahren, und gefühlsmäßig hat sich seitdem nicht allzu viel verändert. Damals gab es allerdings die U3 noch nicht, und es war eine kleine Weltreise dorthin. Ich bin pünktlich da, aber wie nicht anders zu erwarten, beginnt die Show später als vorgesehen. Darum kann ich auch nichts vom Adam Project schreiben, ich musste nämlich früher weg. Schade, aber es wird sich sicher wieder eine Gelegenheit ergeben.
Nach und nach füllt sich der Saal, ich sehe auch ein paar Kinder mit ihren Eltern, und mir wird klar, das ist nicht nur ein Konzert, das ist ein Treffen von Familien und Freunden. Das schafft schon eine freundliche Atmosphäre, als Pavel Shalman die Özlem Bulut Band ansagt. Nachdem ich die Band vor ein paar Wochen beim Naschmarktfest gesehen habe, weiß ich schon, was mich erwartet, darauf habe ich mich ja schließlich gefreut - eine eingängige Mischung aus orientalischer und europäischer Musik mit Elementen aus Pop und Jazz. Aber das sind nur Worte, die Band lebt von ihren Mitgliedern, allen voran natürlich Özlem Bulut, die schon bei den ersten Worten das Publikum mit ihrem Charme in der Hand hat. Sie singt nicht nur, sondern spielt auch orientalische Laute - ich konnte das Instrument in Wikipedia nicht genauer identifizieren - und finger cymbals. 

Marco Annau leitet die Einsätze der Band - Jörg Mikula an den Drums und Felipe Romanos Corrotea am Bass - vom Keyboard aus mit seinen Blicken, er ist auch der Komponist der meisten Nummern.



Neben den Nummern der CD "Ask" gibt es auch eine Neukomposition zu hören, die schon für die nächste CD eingespielt werden. Bei einer meiner Lieblingsnummern "Yol" singt das Publikum mit, getanzt wird sowieso. Viel zu schnell ist die Stunde vorbei, und die gemeinsame Zugabe aller beteiligten Bands am Ende werde ich nicht miterleben.

Die zweite Band "Global Groove LAB" ist Neuland für mich, ich habe mir als Vorbereitung zwar ihr Video des Songs "Paper"auf BalconyTV angeschaut, aber das hat mich nur unzureichend auf das nun Folgende vorbereitet. Zuerst steht nur Barry O´Mahony mit seiner Gitarre auf der Bühne und spielt eine keltisch angehauchte Melodie, nach und nach kommen die restlichen Bandmitglieder - insgesamt immerhin sieben - dazu, und die Nummer steigert sich, bis zu einem rhythmischen Soundgewitter Ronja* und Coalman auf die Bühne springen. Die beiden singen, tanzen, springen von einem Ende der Bühne zum nächsten, Pavel Shalman - der das Festival auch initiiert hat - wiegt sich mit seiner Violine hin und her. Ich weiß gar nicht, wo ich hinschauen soll, überall tut sich was, aber optische Anziehungspunkte sind natürlich Ronja* mit einer unglaublichen Körperbemalung und Coalman, der sich mit Ronja* das Tanzen und Singen teilt. 

Die Zuschauer gehen von Anfang an voll mit, und auch ich kann und will mich nicht gegen die Energie wehren, die von der Band ausgeht.

Und die Musik? Konnte man die Özlem Bulut Band noch einigermaßen zwischen Orient und Europa einordnen, so vereint das Global Groove LAB so viele musikalische Einflüsse aus aller Welt,  dass sie überall und nirgends hingehört. Die Musiker kommen auch tatsächlich aus den unterschiedlichsten Ländern, ich glaube Russland, Westafrika, Österreich, Slowenien, Serbien und mit Neuzugang Berry O´Mahony Irland, und bringen die Musik ihrer Heimat und viel mehr mit.  Die einzelnen Elemente wirken keine Sekunde aufgesetzt, sondern ergeben ein organisches Ganzes, wie ein Diamant, der in vielen Farben glitzert. Dass die Songs im weiteren Sinn auch politisch sind, ist klar.



"Do you get the message?" fragt Coalman das Publikum, und ich denke mir, diese Musik braucht keine Message, diese Musik ist die Message.