Sonntag, 20. November 2016

Kammermusik und Folkrock im Schwarzberg - Doppelkonzert Artreju / Satuo, 17.11.2016

Ich bin verwöhnt. Früher habe ich mich gefreut, wenn Bob Dylan alle zwei, drei Jahre in die Nähe gekommen ist und war zufrieden. Jetzt denke ich, der Sommer ist schon lange her, ein Satuo Konzert möchte ich heuer schon noch sehen. Darum habe ich mich auch schon lange auf diesen Abend im Schwarzberg gefreut.



So wie am Tag davor ist es ein Doppelkonzert, vor Satuo tritt noch die Band Artreju auf, wobei ich mich fast gar nicht Band zu sagen traue, im klassischen Bereich heißt das eher Trio. Wahrscheinlich passt beides, denn richtig einordnen kann ich die Musik von Artreju nicht. Es ist am ehesten eine Kombination aus Jazz und  moderner Kammermusik mit hohem Unterhaltungsfaktor. Auch die Kombination von Trompete bzw. Posaune, Violine und Cello hört man nicht an jeder Ecke. Man spürt, die drei haben bei aller Virtuosität Spaß beim gemeinsamen Musizieren. Stücke wie "Sitting on my Mother´s Porch" oder "Dawn" quellen fast über vor musikalischen Ideen und Humor. Eine Neuentdeckung für mich, auf die ich ohne diesen Auftritt heute nie gekommen wäre. Ich liebe Doppelkonzerte!

Nach einem kurzen Interview - das Konzert wird von onepoint.fm live gestreamt - beginnt das Set von Satuo. Satuo wurde 2011 als Duo von Aron Saringer und Laura Korhonen gegründet, seitdem sind sie zum Quintett angewachsen. Die lange und erfolgreiche Tournee im Sommer durch Nord- und Osteuropa hat der Band einen enormen Schub gegeben, sie sind in bester Spiellaune und haben sogar einen neuen Song im Programm, "One Day", eine mitreißende Folkrock Nummer mit Anklängen an die 60er Jahre. Daneben gibt es die bewährte Satuo Mischung aus finnischen Volks- und Schlafliedern im Balkan Style, Tom Waits Coverversionen und selbstgeschriebenen Songs.

Aron Saringer beherrscht auf der Gitarre eine Vielzahl an Stilen, vom Fingerpicking bis zu gemeinen Rock´n´roll Riffs, Laura Korhonen hat zwar ihre singende Säge zu Hause gelassen, mit Melodica und Glockenspiel mischt sie auch instrumental mit. Von ihrer im Jazzgesang ausgebildeten, aber sehr natürlichen Stimme brauchen wir erst gar nicht anfangen. Ergänzt werden sie durch Fabian Baumgartner am Banjo und der Mandoline, Walter Walterson am Kontrabass und E-Bass sowie Raphaela Fries am Schlagzeug. Gemeinsam haben sie eine musikalische Identiät von hohem Wiedererkennungswert geschaffen und spielen in der gleichen Liga wie Harlequin´s Glance oder Blinded by Stardust, zwei meiner anderen Lieblingsfolkrockbands aus Österreich. 

Zwischen den Liedern bleibt noch Zeit für Geschichten aus dem Tourleben, Betrachtungen zur Rolle der Mandoline in der Musikgeschichte oder philosophische Diskussionen zur Schöpfungstheorie "Wer war früher da, Gott oder Bob Dylan?" Ganz genau wird sich das wohl nie klären lassen, aber eines ist sicher, ihr anderes musikalisches Vorbild, Leonard Cohen, kam kurz danach. Und so spielen sie in der Zugabe gemeinsam mit Atreju sein "Halleluja", zum Weinen schön.  

Das gesamte Konzert gibt es noch auf Video hier, keine Ahnung, wie lange noch:
https://www.facebook.com/opvienna/videos/353392601674228/